Arme Uffi !
Meine Nachbarn besitzen seit eineinhalb Jahren
einen ungefähr 8-jährigen Schäferhund. Früher gehörte der Hund einem
jungen Mann, der mit ihm nicht zurecht kommen konnte. Es gab ständig Ärger
mit diesem Hund. Als dieser eine Frau überfiel und schwer verletzte,
sperrte er ihn im Zwinger ein. Es gab Ruhe bis zu dem Zeitpunkt, als meine
Nachbarn, die schräg gegenüber wohnen, den Hund abkauften. In kurzer
Zeit gab es viele Zwischenfälle mit den andern Hunden. Als erster wurde
ein kleiner Beagle angegriffen und schwer verletzt. Ein paar Tage später
ist ein vier Monate alter Mischling fast verblutet, als der Schäferhund
sich auf ihn stürzte. Ein anderer Nachbar wurde auch von diesem Hund
gebissen und lediglich seine dicke Daunenjacke schützte ihn vor den
ernsten Verletzungen. Der Besitzer des Schäferhundes nahm es alles locker
und ließ seinen Hund durch die Gegend freilaufen. Im Laufe der Zeit gab
es immer weniger Hunde in unserer Straße, schließlich waren alle weg,
nur der Schäferhund blieb.
Damals war mein Wunsch nach eigenem Hund sehr groß. Alle meine Bekannten
warnten mich vor dem Kauf eines Hundes, solange meine Nachbarn diesen bösen
Hund hielten. Ich konnte es nicht begreifen, warum ein Mensch mit einem
Hund die ganze Gegend terrorisiert und niemand etwas dagegen unternahm .
Natürlich kaufte ich mir einen Hund und zwar einen Shar-Pei. Es war eine
Hündin namens Jamajka, eine wirkliche Schönheit, eine Prinzessin unter
den anderen Hunden, mein ganzer Stolz. Mein Glück dauerte nicht lange.
Eines Tages, als wir unser Haus verließen um abendlichen Spaziergang zu
machen, sauste aus dem Nachbarhaus der Schäferhund heraus. Alles ging so
schnell, daß ich es kaum registrieren konnte. Ich habe in der Dunkelheit
nur eine riesige Schnauze gesehen, die nach meinem Hund biß. Es ist mir
gelungen, den Aggressor zu vertreiben und somit Jamajkas Leben zu retten,
aber vor den Verletzungen konnte ich sie nicht schützen. Ich fuhr sofort
den zitternden und blutenden Hund zum Tierarzt . Es hat sich ergeben, daß
Jamajka eine große Wunde am After hatte, die genäht werden mußte.
Der Besitzer des Schäferhundes zahlte natürlich tierärztliche Kosten
und die ganze Geschichte war für ihn erledigt. Er war immer noch nicht
bereit, seinen Hund an der Leine zu führen.
Ich wollte erreichen, daß der Hund aus der Nachbarschaft Leinenzwang bekommt, damit andere Hunde nicht in ständiger Gefahr leben müßten. Ich
habe nach Hilfe bei der Gemeinde gesucht, das Veterinäramt habe ich auch
eingeschaltet, leider ohne Erfolg.
Jamajkas Wunden heilten langsam, aber ihr psychischer Zustand
verschlechterte sich von Tag zu Tag. Schließlich traute sie sich nicht
aus dem Haus heraus, konnte keine fremden Menschen ertragen, ihre Ängste
wuchsen von Tag zu Tag. Sie mußte starke Beruhigungsmedikamente nehmen.
Es gab nur ein Ort, wo sie sich wohl fühlte: ein abseits gelegenes
Forsthaus, wo unsere Bekannten mit zwei Jagdhunden wohnen. Seit ein paar
Monaten lebt sie dort, und ohne ständige Bedrohung von dem aggressiven
Schäferhund fühlt sie sich besser als bei mir.
Ende Dezember 1998 kaufte ich mir wieder eine Shar-Pei Hündin namens
Uffi. Uffi ist ein friedliches und verspieltes Wesen. Am 8 März ist sie fünf
Monate alt geworden und diesen Tag vergesse ich nie. Die Geschichte mit
Jamajka hat sich wiederholt. Als wir beide vom Spaziergang nach Hause
gingen, sauste schon wieder aus dem Nachbarhaus uns bekannter Schäferhund
heraus und stürzte sich auf Uffi. Die Kleine konnte sich blitzschnell aus
dem Halsband befreien und lief weg. Ich lief sofort der Uffi nach und
folgte ihren Blutspuren auf dem verschneiten Boden. Schließlich nach
einer Stunde habe ich sie im Wald gefunden. Sie saß zitternd zwischen
zwei Büschen. Ihr schönes Fell war mit Blut verschmiert. Damals wußte
ich noch nicht wie schwer die Verletzungen waren. Ich nahm sie in die Arme
und trug sie nach Hause. Mir wurde klar, daß die Uffi sofort eine tierärztliche
Hilfe bräuchte und fuhr sie zum Tierarzt. Die Wunden waren schlimm:
aufgerissener Oberschenkel, aufgerissene Scheide, durchgebissener Schwanz,
zwei tiefe Löcher im Brustkorb. Unter Vollnarkose wurde sie operiert.
Ich beschloß um meinen Hund zu kämpfen.
Kein anderer fremder Hund beißt
meine Uffi mehr!
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Am nächsten Tag fuhr ich mit Uffi zur Gemeinde. Ohne vorherige Anmeldung
besuchte ich das Bürgermeisteramt. Als die Jamajka gebissen wurde bat ich
dort freundlich um Hilfe, aber damals geschah nichts. Diesmal stellte ich
dem zuständigen Beamten meinen Hund auf den Schreibtisch zwischen seine
Papiere, damit er die Wundenrichtig sah. Das hat einen Eindruck auf ihn
gemacht. Zwei Tage später meldete sich bei mir ein Veterinärarzt mit der
Begleitung eines Polizeibeamten. Der Arzt versprach mir, daß der Schäferhund
ab sofort Maulkorb- und Leinenzwang kriegte, der Polizist war mir bei der
Formulierung der Anzeige behilflich.
Über zwei Monate herrschte in meiner Gegend friedliche Ruhe. Der Schäferhund
lief nicht mehr frei herum, seine Schnauze wurde in einen schicken
Maulkorb gesteckt.
Vor ein paar Tagen rief mich der Veterinärarzt an: "Hallo, der Schäferhund
wird jetzt auf Aggressivität geprüft. Sie müssen jetzt mit Ihrer Uffi
zur Hundeschule kommen, wir werden jetzt prüfen, ob der Maulkorbzwang
immer noch nötig ist".
Mir wurde schwarz vor Augen!
In der Hundeschule sah alles wie in einem schlechten Zirkus aus. Der Schäferhund
wurde auf zwei Leinen durch seinen Besitzer und Trainer festgehalten.
Beide haben laut gebrüllt: "Pfui!!! Platz!!! Nein!!! Sitz!!!"
Zu diesem Zeitpunkt sollte ich mit meinem Hund vorbei marschieren. Natürlich
saß der Schäferhund sehr ruhig und guckte verstört mit verdrehten Augen
auf die beiden Herren, die ihn so niedergemacht hatten. Drei Minuten und
mit dem Test war es vorbei. Der Schäferhund wurde als nicht mehr
aggressiv eingestuft, kann wieder frei laufen und muß keinen Maulkorb
mehr tragen.
Ich fürchte jetzt um die Zukunft meiner Hunde. Wenn ich jetzt mit dem
Hund spazieren gehe, halte ich fest in meiner Hand einen Gasbehälter zur
eventuellen Abwehr.
Zum Schluß noch eine Reflexion. Ich denke an alle, die von der
ungerechten "Kampfhundesteuer" betroffen sind, und frage mich,
ob es nicht sinnvoller wäre, solche Maßnahmen gegen wirklich aggressive
Hunde zu ergreifen.
Marta Potapczuk
www.shar-pei.de
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